III. PsychoTherapie

Krankheitsverständnis

PsychoTherapie Krankheitsverständnis

Eine Patient*in, die zur Psychotherapie kommt, bringt mehr mit als nur ein „Störungsbild“. Sie/ er kommt als individueller Mensch mit ihrer/ seiner ganzen „Geschichte“, mit Vergangenheit und Zukunft, mit Gegenwart im Hier und Jetzt, mit Fragen und Hoffnungen, mit Zweifeln und Zielen, mit seinen Ressourcen und seinen Gesundungskräften. Es gilt in der Psychotherapie die verschiedenen Aspekte und Anteile zusammen zu sehen, zu würdigen und angemessen zu berücksichtigen.



Beziehung und Gespräch

PsychoTherapie Beziehung und Gespräch

Das Gespräch ist das Zentrum des therapeutischen Geschehens. Es ermöglicht Klärung, Ordnung und Entwicklung der Ereignisse der Vergangenheit, der Situation in der Gegenwart und der Perspektiven für die Zukunft - und es schafft Beziehung.

Ohne eine therapeutische Beziehung gibt es keine Psychotherapie. Die therapeutische Beziehung ist ein wesentlicher, grundlegender und notwendiger therapeutischer Faktor; Beziehung vollzieht sich im Gespräch.
Die Persönlichkeit des Therapeuten, seine Schulung und seine innere Haltung, die er als therapeutische Haltung in die Beziehung, die therapeutischen Gespräche und den Verlauf der Therapie einbringt, werden zu wesentlichen und wirksamen Faktoren einer Psychotherapie.
Die Bedeutung von Sprache und Gespräch, von Beziehung und Haltung sind für unsere Psychotherapie  zentral. Das Gespräch lebt vom Geist der Sprache und von der Präsenz der Gesprächsteilnehmer*innen. In einem guten Gespräch können wir eine Erweiterung und Bereicherung unseres Horizonts erleben.  Ein therapeutisches Gespräch kann Bewusstwerdung, Klärung und Entlastung, Einsicht und Bewältigung ermöglichen.
In einem vertrauensvollen therapeutischen Gespräch kann sich die „heilbringende Kraft des Wortes“ (H. G. Gadamer) erfüllen.



Zugangswege

PsychoTherapie Zugangswege

Die psychotherapeutische Vorgehensweise der Anthroposophie-basierten Psychotherapie AbP kann in folgenden methodischen Schritten erfolgen:
Berücksichtigung des Beschwerdebildes, der Symptome, die durch eine Problemsituation oder ein Krankheitsbild hervorgerufen werden, aufgrund dessen die Patientin oder der Patient eine Therapie aufsucht. 

Das beinhaltet die Vorgeschichte der Entstehung (Pathogenese) der Erkrankung und ihren bisherigen Verlauf und alles was damit zusammenhängen kann -  alle Ereignisse und Erlebnisse, Beziehungen und Bewertungen. Biografie ist immer als ganzheitliche „Zeitgestalt“ zu verstehen, die von der Geburt bis zum Tod reicht und deshalb während des Lebens nie ganz überschaut werden kann, aber dennoch immer zu bedenken und zu berücksichtigen ist. Denn jedes Ereignis und jedes Erlebnis hat nicht nur eine Ursache in der Vergangenheit, sondern auch eine Folge, ein Ziel in der Zukunft. Dies gilt ganz besonders für Krankheiten oder Krisensituationen im Leben.
Aufmerksamkeit für die seelisch-biografische Entwicklung des Menschen mit der individuellen Entwicklung der Seelenglieder ( Empfindungsseele, Verstandesseele, Bewusstseinsseele), die in der Anthroposophie-basierten Psychotherapie eine besondere Berücksichtigung bekommen;
Achtsamkeit gegenüber der Haltung  des Patienten, sowohl auf seine äußere Körperhaltung, wie besonders auf seine innere Haltung, die sich in zwei mal drei Komponenten beschreiben lässt und in der Anthroposophie-basierten Psychotherapie Thema und Ziel der Therapie sein kann.



Haltung

PsychoTherapie Haltung

 

Haltung ist eine wesentliche Qualität des menschlichen Daseins – und ein zentraler Begriff der Anthroposophie-basierten Psychotherapie AbP.


Neben der Körperhaltung gibt es auch andere Varianten von Haltung. Die wichtigste ist die innere Haltung.
Zu der inneren Haltung, der Seelenhaltung, gehören alle intentionalen und bewussten Haltungen, die ein Mensch sich selbst, jemand anderem gegenüber oder zu etwas in der Welt einnehmen kann.
Haltungen sind immer, auch wenn sie nicht in jedem Moment reflektiert werden, prinzipiell bewusstseinsfähig und der Reflexion zugänglich. Von der Haltung aus können daher auch gewohnheitsmäßige Einstellungen, die das Verhalten unbewusst prägen können, über die bewusste Reflexion wieder korrigiert werden. 
Haltungen sind von innen, d.h. aus Erfahrungen, aus Einsichten und/ oder aus bewusster Reflexion gebildete Formen, die das seelische Erleben und Verhalten prägen. Haltung beschreibt auch die Art und Weise, wie ein Mensch sich im Leben hält. Denn Haltung gibt Halt. In der Haltung kommt das freie Verhältnis zu mir selbst, wie auch zur Welt zum Ausdruck. 

Haltung bezieht sich also in doppelter Weise auf die Bezogenheit und auf die Beziehungen des Menschen: sowohl zu sich selbst, seinem seelischen Erleben und Verhalten, als auch zu Mitmenschen, Ereignissen und Dingen in der Welt, wie auch zu der Sinnhaftigkeit des Lebens.

Die innere Haltung soll in Angemessenheit mit der jeweiligen Lebenssituation und in Übereinstimmung mit der individuellen Persönlichkeit dem Menschen Halt und Bewältigungsmöglichkeit in seinem Leben geben. Haltung setzt Selbstbewusstsein voraus und ermöglicht damit Reflexion und Veränderung oder Bestätigung der je eigenen Haltung im Lauf des Lebens.

Darin liegt die Möglichkeit einer Psychotherapie der inneren Haltung, Kernpunkt der Anthroposophie-basierten Psychotherapie.

Jede innere Haltung ist differenziert und setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Zunächst sind in jeder Haltung prägend wirksam die drei Grundfähigkeiten der Seele: Denken, Wollen und Fühlen (das kognitive, das voluntative und das emotionale Element der Seele). Diese drei Seelenfähigkeiten sind, je nach Persönlichkeit, unterschiedlich wirksam in der Bildung einer Haltung. Die weiteren Komponenten sind die Bezüge, zu denen wir eine Haltung finden und bilden: die Welt (Mitwelt, Umwelt, Werkwelt), wir selbst, und die Sinnhaftigkeit (das Geistige) in Welt und Mensch.
Die innere Haltung lässt sich dementsprechend nach der Ausprägung von Denken, Wollen und Fühlen, sowie nach der Ausprägung des Weltbezugs, des Selbstbezugs und des Sinnbezugs erleben und beschreiben.
Somit sind es sechs Komponenten unserer inneren Haltung:

  • in Bezug zum Denken - kognitiv
  • in Bezug zum Wollen - voluntativ
  • in Bezug zum Fühlen - emotional
  • in Bezug zur Welt - weltbezogen
  • in Bezug zum Selbst - selbstbezogen
  • in Bezug zum Sinn, zur Sinnhaftigkeit, dem Geistigen - sinnbezogen.


Wege und Zielrichtungen

PsychoTherapie Wege und Zielrichtung

 

 

Zentrum der Therapie ist das Gespräch. Es entwickelt sich aus Begegnung, es prägt die Beziehung und es wird selbst durch die therapeutische Haltung geprägt.

Das Gespräch kann als diagnostisches oder als therapeutisches Gespräch, als Psychoedukation, als spezifische Intervention oder im Rahmen einer Übung stattfinden und dient dem Verstehen, der Klärung, der Motivation und der Modifikation:

 

  • des Verhaltens (Außenseite der Seele)
  • des Erlebens (Innenseite der Seele)
  • der Haltung (Ich-Wirksamkeit in der Seele) und
  • der Konstitution als der leiblich-seelisch-geistigen Gesamtverfassung des Menschen.

Das Konzept Anthroposophie-basierte Psychotherapie AbP ermöglicht Methodenvielfalt. Psychotherapeutischen Methoden und Techniken können zur Anwendung kommen, wenn sie die Freiheit, die Entwicklungsmöglichkeiten und die Bewusstseinsfähigkeit des Menschen berücksichtigen.

 

Spezifische Vorgehensweisen, die explizit aus der Anthroposophie stammen, sind die Arbeit an der inneren Haltung, die Berücksichtigung der Biografie unter dem Gesichtspunkt der ganzheitlichen Gestalt aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die im Krankheitsgeschehen zusammenwirken, die Beachtung der seelischen Entwicklung unter dem Aspekt der drei Seelenentwicklungsstufen, sowie spezifische Übungselemente, wie beispielsweise die Tagesrückschau, die Neben- oder Basisübungen, die  Anwendung spezieller meditativer Übungen für Patienten sowie weitere spezifische Interventionen und Übungen.